Kühlende Verhaltenstherapie

Hit­ze­wal­lun­gen sind das „It-Sym­ptom“ der Wech­sel­jah­re. Vie­le Frau­en lei­den unter ihnen, zum Teil sehr stark. Dass Hit­ze­wal­lun­gen etwas mit den Wech­sel­jah­ren zu tun haben, ist auch Män­nern und jun­gen Men­schen bekannt. So wer­den sie ger­ne für Wit­ze über die Wech­sel­jah­re her­an­ge­zo­gen. Auch die Wer­bung und Journalist:innen nut­zen Hit­ze­wal­lun­gen ger­ne, um Frau­en in den Wech­sel­jah­ren dar­zu­stel­len. Ven­ti­la­to­ren, Kühl­schrän­ke oder Eis­wür­fel schei­nen das Ein­zi­ge zu sein, was hel­fen kann. Oder eben die Pro­duk­te, die mit die­sen Bil­dern ver­kauft wer­den sol­len.

Da gibt’s doch noch mehr?

Wenig bekannt ist, dass man nicht nur Pil­len und Pul­ver schlu­cken oder sich mit Hor­mo­nen ein­cre­men bzw. zupflas­tern muss, um Hit­ze­wal­lun­gen zu behan­deln. Eine wir­kungs­vol­le Mög­lich­keit ist die kogni­ti­ve Ver­hal­tens­the­ra­pie (abge­kürzt KVT – oder auch CBT, wenn man die eng­li­sche Bezeich­nung nutzt, „cogni­ti­ve beha­viou­ral the­ra­py“). In der KVT geht es um unse­re Beur­tei­lung von Situa­tio­nen, unse­re Gedan­ken dar­über. Das, was wir den­ken, hat einen Ein­fluss dar­auf, wie wir uns füh­len und wie wir mit der jewei­li­gen Situa­ti­on zurecht­kom­men. Daher geht es in der KVT dar­um, den Umgang mit belas­ten­den Gedan­ken und Emo­tio­nen zu ver­än­dern, sodass wir Situa­tio­nen anders beur­tei­len und erle­ben kön­nen. Eine kur­ze Erklä­rung der Metho­de, die auch bei ande­ren belas­ten­den Situa­tio­nen hilf­reich ist, bie­tet die­ses Video:

Und das wirkt bei Hitzewallungen?

Stu­di­en bele­gen, dass die KVT Hit­ze­wal­lun­gen signi­fi­kant redu­zie­ren kann (u.a. ist das in der S3 Leit­li­nie zur „Hor­mon­the­ra­pie in der Peri- und Post­me­no­pau­se“ unter 1.4.2.15 nach­zu­le­sen). The­ra­pier­te Frau­en emp­fan­den ihre Sym­pto­me als weni­ger inten­siv und stö­rend. Und das nicht nur wäh­rend der The­ra­pie: auch Mona­te nach der The­ra­pie berich­te­ten die Frau­en von einer Ver­bes­se­rung ihrer Lebens­qua­li­tät.

Nun kann man sich Hit­ze­wal­lun­gen nicht ein­fach weg­den­ken. Dann hät­ten schon vie­le Frau­en damit Erfolg gehabt, denn fast jede hat wahr­schein­lich schon mal gedacht: „Das will ich nicht haben!“. Aber es gibt einen Zusam­men­hang zwi­schen nega­ti­ven Gedan­ken und Ängs­ten und der Fra­ge, wie stark die Hit­ze­wal­lun­gen auf­tre­ten oder emp­fun­den wer­den. Gera­de Frau­en, denen es unan­ge­nehm ist, in der Öffent­lich­keit eine Hit­ze­wal­lung zu bekom­men, set­zen sich häu­fig zusätz­lich unter Stress. Genau hier setzt die KVT an. Im ers­ten Schritt geht es dar­um, die eige­nen Reak­tio­nen erken­nen. Im zwei­ten Schritt wird dar­an gear­bei­tet, die­se Reak­ti­on zu hin­ter­fra­gen und zu ver­än­dern, nega­ti­ve Gedan­ken­mus­ter durch posi­ti­ve und beru­hi­gen­de Über­zeu­gun­gen zu erset­zen. Dabei geht es auch immer dar­um, die jewei­li­ge Situa­ti­on rea­lis­tisch zu beur­tei­len. Ein Bei­spiel: Eine Frau könn­te wäh­rend einer Hit­ze­wal­lung den­ken: „Alle star­ren mich an und lachen über mich.“ Die­ser Gedan­ke belas­tet und kann zusätz­lich zu der Hit­ze­wal­lung Stress ver­ur­sa­chen. In der KVT wür­de die Frau ler­nen, anders über die Situa­ti­on zu den­ken. Viel­leicht wür­de sie dar­aus machen: „Ja, Men­schen in mei­nem Umfeld könn­ten wahr­neh­men, dass ich gera­de eine Hit­ze­wal­lung haben. Ver­mut­lich ist das für sie aber gar nicht wich­tig uns sie wen­den sich wie­der ihren The­men zu.“

Zusätz­lich zu die­ser Ver­än­de­rungs­ar­beit lernt man in einer KVT auch Tech­ni­ken zur Stress­re­duk­ti­on. So kön­nen z.B. Atem­übun­gen ein­ge­übt wer­den. So kön­nen Frau­en in  stres­si­gen Momen­ten, die viel­leicht sonst eine Hit­ze­wal­lung trig­gern, ruhig blei­ben. Inten­si­tät und Häu­fig­keit von Hit­ze­wal­lun­gen kön­nen dadurch redu­ziert wer­den.

Und wo ist der Haken?

Man kann es mit der Behand­lung von Kopf­schmer­zen ver­glei­chen: Man­che Frau­en schlu­cken lie­ber schnell eine Tablet­te, um die Schmer­zen los­zu­wer­den. Ande­re ver­su­chen es erst ein­mal mit Dehn­übun­gen für die ver­spann­te Hals- und Schul­ter­mus­ku­la­tur, machen Atem­übun­gen oder gehen kurz an die fri­sche Luft. Die Fra­ge ist: wie viel Ver­ant­wor­tung für den Pro­zess der Hei­lung oder Lin­de­rung von Beschwer­den möch­te man über­neh­men?

Die KVT kann als Ein­zel­the­ra­pie, in Grup­pen oder als Selbst­hil­fe durch­ge­führt wer­den. Egal, für wel­che Vari­an­te man sich ent­schei­det – man ist in einer akti­ven Rol­le. Es geht um die eige­nen Zie­le, um den eige­nen Lebens­stil. Die KVT legt auch nicht sofort einen Schal­ter um. Die Erkennt­nis­se aus den ein­zel­nen Sit­zun­gen wer­den durch Haus­auf­ga­ben beglei­tet. Es geht dar­um, aus­zu­pro­bie­ren, wie die neu erlern­ten Stra­te­gien im All­tag funk­tio­nie­ren und so häu­fig zu üben, dass sich posi­ti­ve Ver­hal­tens­mus­ter ent­wi­ckeln kön­nen. Den­noch muss man sich nicht auf einen jah­re­lan­gen Pro­zess ein­stel­len. Die KVT erzielt häu­fig bereits nach 4–6 Sit­zun­gen gut Erfol­ge und ist daher einen Ver­such wert.

Autorin

  • Britta Scholten

    Wech­sel­jah­re­be­ra­te­rin, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­te­rin, Lösungs­ori­en­tier­ter Coach, Psy­cho­lo­gi­sche Bera­te­rin.
    Vor­stands­mit­glied DVW e.V.
    Zum DVW Pro­fil